Die  kaiserliche Marine in der Zeit Kaiser Wilhelms I.

   Nach dem Krieg von 1866 wurde von den Staaten und einigen Städten nördlich des Mains der Norddeutsche Bund gegründet. Die preußischen Marine wurde zur Bundeskriegsmarine. Die Mitglieder des Bundes beteiligten sich mit Personal und finanziell an dieser Einrichtung. Der Oberbefehl blieb jedoch in preußischer Hand. Neuerungen in der Ausstattung mit Handwaffen sind in dieser Zeit nicht zu vermerken.

   Im Jahre 1871 wurde nach dem deutsch-französischen Krieg das Deutsche Reich gegründet, dessen neue Verfassung am 16. April 1871 in Kraft gesetzt wurde. In ihr war auch die Stellung der Marine geregelt. Der Oberbefehl lag ausschließlich beim deutschen Kaiser. Die Regelung für das Heer war bekanntlich anders. Die deutschen Staaten stellten Heeres-Kontingente zur Verteidigung des Reiches, wobei die Könige von Bayern, Sachsen und Württemberg im Frieden weiterhin ihre Rechte als Oberbefehlshaber besassen. Ein kaiserliches Reichsheer gab es demnach nicht.

   Die Umwandlung der norddeutschen Bundesmarine in die kaiserliche Marine machte diverse Änderungen in der Uniformierung, Bewaffnung und Ausrüstung notwendig. Die Überlegungen zu einer neuen Uniformierungsvorschrift zogen sich eine Reihe von Jahren hin. Schließlich genehmigte am 24. Februar 1874  Kaiser Wilhelm I. die neuen Uniformierungsbestimmungen für die Marineangehörigen. Zur Seitenwaffe der Offiziere (einschl. Ärzten, Militärbeamten, Portepeeunteroffizieren usw.) wurde darin ausgeführt:

Marinesäbel 1874
Säbel. Marine-Säbel in schwarzlederner, mit vergoldeten Beschlägen versehener Scheide, vergoldetem Bügel und elfenbeinernem Griff, an einer Koppel von mattem schwarzem Leder mit runden Seitenriemen, vergoldetem Schloß und Karabinerhaken.


Marinesäbel von 1874  


Der Wortlaut dieser Bestimmung beinhaltet keine wesentliche Änderung, die das neu eingeführte Waffenmodell vom demjenigen im Jahr 1849 eingeführten unterscheidet. An heute noch vorhandenen realen Stücken fällt allerdings der deutlich schlankere und moderner geformte Löwenkopf auf. Anzumerken ist ferner, dass zu dieser Zeit noch keine Kaiserkrone im Korb der Waffe vorgeschrieben worden war.

SG für Seekadetten und Aplikanten   Ein Dolch wurde für die Offiziere nicht - mehr - erwähnt. Für die Seekadetten wurde statt eines Säbels vorgeschrieben:
Seitengewehrnebst Portepee. Seitengewehr (in Form eines leichten Faschinenmessers) mit herabgebogenem Stichblatt, in der Lederscheide (welche mit einer Feder versehen) an einer schwarzlackierten Lederkoppel mit vergoldetem Schloß.
Dieses Seitengewehrmodell war bereits am 18. Juni 1872 für die Seekadetten eingeführt worden. Grund für die Abschaffung des bis dahin geführten Dolches war ein Zwischenfall, der sich in Kiel ereignet hatte. Dort hatte ein Seekadett, auf einen Angriff von zwei Gegnern reagierend, diese mit dem Dolch niedergestochen. Deshalb hielt man diese Waffe in den Händen von jungen Leuten für zu gefährlich. Einen Säbel führte man aus praktischen Erwägungen für sie nicht ein, da dieser für den zu leistenden Borddienst zu unhandlich war.

Seitengewehr für Seekadetten und Aplikanten
aus dem Musterbuch von A. Coppel

   In der Folgezeit wurden die Uniformierungsbestimmungen noch häufig verändert. Zum Beispiel wurden am 17. August 1875 neue Uniformknöpfe für die Offiziere eingeführt. Auf den Knöpfen befand sich nunmehr über einem unklaren Anker die Kaiserkrone. Acht Monate später wurden die Bekleidungsbestimmungen weiter  modifiziert. Mit Datum vom 7. April 1876 wurde in einer Verfügung des Chefs der Admiralität für den Säbel angeordnet:

Der Marinesäbel ist leicht gekrümmt; der vergoldete Bügel ist nicht durchbrochen und trägt an der unteren äußeren Seite einen unklaren Anker mit Kaiserkrone nach dem im Marine-Verordnungs-Blatt von 1875  Nr. 16 Seite 142 befohlenen Muster der Knöpfe.

   Damit wurde erst nach rund fünf Jahren des Bestehens der Kaiserlichen Marine offiziell ein Modell des Marinesäbels eingeführt, dass mit einer Kaiserkrone versehen war. Allerdings wird die Existenz von Waffen mit Kaiserkrone auf Grund privater Initiative vor der offiziellen Einführung nicht ausgeschlossen. Beide eingeführten Säbelmodelle wurden bis Ende 1883 oder Anfang 1884 parallel geführt. Erst danach legte man sich auf das Säbelmodell von 1876 fest.

 
 
 
  Marinesäbel M 1876
 
 

  Marinesäbel von 1876  

 
 
 
 









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