von Claus P. Stefanski und Peter
Heuschen
Über viele Jahrzehnte sind in der preußischen
Blankwaffengeschichte einige Waffenmodelle in Vergessenheit geraten. Es
handelt sich dabei regelmäßig um Waffen, die bei bestimmten
einzelnen Truppenteilen geführt worden waren, dann jedoch durch
Einführung anderer Modelle in der Waffengattung „überholt“
worden sind. Weil Sie eben nur bei wenigen oder auch nur bei
einem Truppenteil geführt worden sind, gerieten sie in
Vergessenheit. Beispielhaft seien hier genannt ein "Kürassierdegen
für die Garde du Corps", der "Kavalleriesäbel M 1837", wie
auch der im Folgenden vorgestellte "Neue Preußische Säbel".
Leider wird auch heute noch diese Waffe häufig fälschlich als
„Säbel für die Landgendarmerie“
bezeichnet oder als Versuchswaffe eingeordnet, obwohl dies bereits im
Jahre
1980 durch Gerhard Seifert und ergänzend im Jahre 1989 durch einen
Autor
dieses Beitrags widerlegt worden ist (Siehe: Deutsches Waffenjournal
der
betreffenden Jahre). Im diesem Bericht soll dem Waffenmodell in der
gebotenen
Kürze sein rechter Platz zugewiesen werden, weiteres kann den oben
erwähnten
Aufsätzen entnommen werden.
Bereits im Jahre 1808, als die Husaren noch den altpreußischen
Husarensäbel
führten, stellte der spätere General der Kavallerie von
Borstell
fest: „Dem Husarensäbel fehlt
ein Bügel, der die Hand schützt.
Beim Husaren-Regiment v. Prittwitz sollen im letzten Krieg viele
Handblessuren
gewesen sein.“ Die Forderung wurde jedoch nicht erfüllt.
Bedingt durch
die Hilfslieferungen aus England mit größeren Mengen von
Kavalleriesäbeln
M 1796 und der einfachen wie relativ preiswerten
Nachbaumöglichkeit
dieses Säbels, setzte sich schließlich dieses Waffemodell in
Preußen
durch. Nach dem offiziellen Einführungsdatum - 29. Mai 1811 –
hieß
es nun Kavalleriesäbel M 1811 oder im Soldatenjargon, wenn auch
erst
deutlich später, „Blüchersäbel“.
Die Entscheidung rächte sich später. Aus dem Feldzug im Jahre
1848
zur Sicherung Schleswig-Hosteins gegen die Dänen schrieb ein
Soldat
des 3. Husaren-Regiments am 8. Juli: „Von
unseren Leuten waren drei verwundet,
und zwar sämtlich an der rechten Hand: der Unteroffizier Thiemig
am
Knebel des kleinen, die Husaren Müller und Fahr am Knebel des
Zeigefingers.
Ach ja, ein Korbsäbel mag wohl eine hübsche Sache sein.“
Die Redaktion der Deutschen Wehr-Zeitung kommentierte die Ereignisse
wie
folgt: „Was den frommen Wunsch der
Korbsäbel betrifft, so wird hoffentlich
die Erfahrung dieses Feldzuges und der Wunsch jedes leichten
Cavalleristen
nach dieser in allen Europäischen Staaten eingeführten Trutz-
und
zugleich Schutzwaffen vielleicht dazu beitragen, die bekannte
Erscheinung
in das Gedächtnis zurückzurufen, daß, wenn unsere
leichte
Cavallerie in den Feldzügen von 1813-15 irgendwo feindliche
Korbsäbel
erbeuten konnten, sie diese gegen die ihrigen vertauschten.“
Schnellstmöglich begann man diesen Mißstand beseitigen. Zu
Erprobungszwecken
wurden dazu dem Garde-Husaren-Regiment im Frühjahr 1849 eine
unbestimmte
Anzahl an neu entwickelten Säbeln zugewiesen. Offensichtlich waren
diese Versuche so erfolgreich,
dass im Jahre 1850 weitere Lieferungen von Säbeln erfolgten.
Schließlich
war das ganze Regiment mit dem neuen Modell ausgestattet. Aber nicht
nur
das.
Das Garde-Husaren-Regiment erhielt darüber hinaus mindestens
weitere
96 Säbel zur Ausstattung der Reservisten, die, wenn der Verband
auf
Kriegsstärke gesetzt wurde, auch mit dem neuen Säbelmodell
ausgerüstet
werden sollten. Diese Tatsache läßt nun den Schluß zu,
dass
der Säbel über das Stadium eines Versuchssäbels hinaus
und
regulär eingeführte Waffe war. Weiterhin wurde dieser
Säbel
in verschiedenen alten Waffenfachbüchern, die zwischen 1853 und
1855
erschienen sind, erwähnt. In einem wird der Säbel sogar mit
Skizze
(siehe rechts) abgebildet, die allerdings dem heutigen Betrachter etwas
verfremdet wirkt.
Vom 5. Juni 1849 bis zum Jahre 1852 war der bekannte preußische
Prinz
Friedrich Carl als Major (Foto
rechts: später als Generalfeldmarschall in der Uniform der
Garde-Husaren) dem Regiment
zugewiesen worden. Er war mit der Führung
einer Eskadron (3.) beauftragt. Inwieweit er auf die Einführung
des
Säbels Einfluß genommen hat, ist leider nicht mehr zu
ermitteln,
da auch seine persönlichen Aufzeichnungen – sicherlich aus
damaligen
Geheimhaltungsgründen – dazu keinen Hinweis liefern. Es darf
jedoch
angenommen werden, das er seine Erfahrungen aus dem Feldzug in Baden im
Jahre
1849, die er allerdings nicht in seiner Funktion als Chef seiner
Eskadron
gewonnen hatte, eingebracht hat.
Der Säbel der Garde-Husaren ist interessanter Weise eine
Fortentwicklung
des bereits 1842 erprobten Kavalleriesäbel n/M (= neues Modell),
der im Jahre 1847 bei den Garde-Dragonern eingeführt worden war.
Vergleicht
am beide Waffen, stellt man fest, dass Klinge und Scheide beider Waffen
quasi
identisch sind. Unterschiede bestehen beim Säbel der Garde-Husaren (vgl.
Gefäßbilder unten) in
dem mit einem Bügel und einer Querspange versehenen
Gefäß , wogegen der Kavalleriesäbel n/M ein
einfaches Bügelgefäß, ähnlich dem des
Blüchersäbels,
besitzt.
Nachdem im Jahre 1857 die preußische leichte Kavallerie
insgesamt auf den Kavalleriesäbel M 1852 (siehe Foto des
Garde-Husaren links) umgerüstet worden war,
gab man die Kavalleriesäbel n/M unter neuer Bezeichnung an die
Artillerie
ab. Heute ist diese Waffe dem Sammlern als sogenannter „langer
Artilleriesäbel“
bekannt. Dem Säbel der Garde-Husaren war jedoch ein anderes
Schicksal
beschieden. Nachdem die Bezeichnung des Truppenteils (Truppenstempel)
aus
der Innenseite der jeweiligen Pariestange geschliffen worden war,
veräußerte man
zumindest einen großen Teil der Waffen an den Handel. Über
Lüttich
wurden dann die Säbel an England verkauft, wo sie
(gemäß
dem britischen Autor Brian Robson) bei den „Royal Engineers drivers“
weitere
Verwendung fanden. Einzelne Exemplare haben sich – mit Truppenstempel -
auch
in Deutschland erhalten. Ergänzend ist zu bemerken, dass die
Landgendarmerie gemäß
ihrer Verbandsgeschichte nie diese Waffe besaß.
Nach bisherigem Erkenntnisstand war alleiniger Hersteller der Waffen im
Jahre
1849 die Firma Schnitzler & Kirschbaum in Solingen. Deren
Kürzel
S&K findet sich regelmäßig auf der Fehlschärfe der
Klinge.
Die dann im Jahre 1850 gelieferten Waffen stammen zu einem Teil wieder
von
Schnitzler & Kirschbaum, wobei das Kürzel S&K nunmehr
allerdings
von einem Oval aus geschlagenen Punkten umgeben ist. Ein anderer Teil
wurde
jedoch durch die Firma Gebrüder Weyersberg in Solingen gefertigt.
Auch
bei diesen Waffen findet sich die Herstellerbezeichnung auf der
Fehlschärfe.
Die wichtigsten Maße können nachstehender Tabelle entnommen
werden.
Gesamtlänge
|
1016 mm
|
Gefäßhöhe
|
135 mm
|
Klingenlänge
|
880 mm
|
Klingenbreite
|
33 mm
|
Pfeilhöhe
|
65 mm
|